Mehrfach-Agonisten ermöglichen immer effektivere Therapie von Adipositas und Diabetes

Dual and Triple Incretin‑Based Co‑agonists: Novel Therapeutics for Obesity and Diabetes. Diabetes Therapy 2024

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Das Medikament Semaglutid, ein GLP-1-Rezeptoragonist, wurde für die Behandlung von Typ-2-Diabetes (T2D) entwickelt. Es ist aber auch als "Abnehmspritze" derzeit ein weit verbreitetes Thema. Noch eindrucksvollere Ergebnisse bei der Behandlung von Adipositas und T2D erzielen Polyagonisten, in denen mehrere Hormone kombiniert sind. Mit Zwei- und Dreifach-Agonisten werden in klinischen Studien mittlerweile Resultate erreicht, die man sonst nur von der bariatrischen Chirurgie kennt. Im Fachblatt ‚Diabetes Therapy‘ geben Forschende des DZD und von Helmholtz Munich einen Überblick über diese neuen Diabetes- und Adipositasmedikamente.

Weltweit erkranken immer mehr Menschen an Adipositas und/oder Typ-2-Diabetes. Neue, wirksame Therapieoptionen sind dringend erforderlich. Ein großer Schritt nach vorne war die Entdeckung der langwirksamen Inkretinrezeptor-Agonisten.

Inkretine sind im Darm gebildete Hormone, welche die Ausschüttung des blutzuckersenkenden Hormons Insulin bei der Nahrungsaufnahme regulieren. Durch die Hemmung des Insulin-Gegenspielers Glukagon stimulieren sie außerdem das Sättigungszentrum im Gehirn. Synthetische Inkretinrezeptor-Agonisten ähneln den natürlichen Inkretinen und können ihre Wirkung imitieren.

Forschende des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und von Helmholtz Munich beschreiben in Zusammenarbeit mit einem Kollegen von der Universität Santiago de Compostela in Spanien die Entwicklung der Inkretin-basierten Pharmakotherapie von den Anfängen bis hin zur Entdeckung der Mehrfach-Agonisten. Für die Autorengruppe sind diese „aller Voraussicht nach der nächste Schritt hin zu einer Heilung von Diabetes und Adipositas“.

Vergleichbar mit bariatrischer Chirurgie
Sie berichten über verschiedene Mehrfach-Agonisten, die aktuell in klinischen Studien erforscht werden und „mit jeder neuen Generation eine verbesserte Wirksamkeit aufweisen“. Die jüngsten Dreifach-Agonisten greifen sowohl den Glukose-abhängigen insulinotropen Peptidrezeptor (GIPR) als auch die Rezeptoren für Glucagon-like Peptide 1 (GLP1) und Glukagon (GCG, ein Hormon aus der Bauchspeicheldrüse) an. Ihr Effekt kann es den Studienberichten zufolge mit dem der bariatrischen Chirurgie aufnehmen – sowohl was die Behandlung des Diabetes als auch der Adipositas angeht.

Die Autoren warnen dennoch vor zu viel Euphorie, denn es gibt noch einige Herausforderungen. So sei zum Beispiel noch nicht vollständig verstanden, wie Inkretinrezeptor-Agonisten ihren Effekt auf das Körpergewicht erzielen. Auch das Sicherheitsprofil der neuen Medikamente müsse noch verbessert werden, ebenso wie der Zugang der Patient:innen zu den neuen Therapien.


Original-Publikation:
Robert M. Gutgesell, Rubén Nogueiras, Matthias H. Tschöp, Timo D. Müller. Dual and Triple Incretin‑Based Co‑agonists: Novel Therapeutics for Obesity and Diabetes. Diabetes Therapy 2024 Apr 4; doi: 10.1007/s13300-024-01566-x